Mittwoch, 9. September 2009

Unheimliche Begegnung

Ein ganz normaler Abend. Denkt man. Aber das Leben hat mich auch gelehrt: Hinten kackt die Ente. Normaler Abend also, kellnern. Zwischendurch, so gegen 22.00, saß ich draußen auf den Stufen und rauchte eine. Es regnete stark. Neben mir unterm Dach stand ein Gast und telephonierte. Als er fertig war, schnorrte er mich um ne Kippe an. Normalerweise lehne ich sowas kategorisch ab, sonst hätt ich nach der Schicht eine leere Schachtel in der Hand; sein Berliner Akzent rührte mich aber, und ich gab ihm eine.

Gegen 23.30 ging er dann, bzw. bezahlte die Gruppe, mit der er da war, und alle gingen zusammen. (Nette Runde, normaler Tip.)

So um 02.00, vielleicht später, hatten wir Feierabend und schlossen ab. Wenn wir das Gitter runterlassen, ist normalerweise niemand mehr auf den Straßen, also hat mich die Bewegung im Augenwinkel irritiert; ich blickte mich um und erblickte obengenannte Gast. Ich lächelte und winkte, er lächelte und winkte zurück. Ich verabschiedete mich von meinem Kollegen und ging nach Hause. Ich habs nicht weit, nur ein paar Meter. Da es noch relativ früh war, hatte ich mir votgenommen, noch ganz genüßlich eine Folge One Tree Hill zu gucken. Also ins Bad, Bademantel an, Frisur auflösen, zurück ins Zimmer, Laptop einstöpseln und hochfahren.

Plötzlich klopft es ans Fenster. Ich ignoriere das. Meine Wohnung liegt Hochparterre, ich bin oft noch spätabends wach und habe keine Gardinen, da klopft oft irgendein Spaßvogel im Vorbeigehen an die Scheibe. Oft sitze ich auch, für die Passanten unsichtbar, auf meinem Sofa und höre, wie sie meine Bücherregale kommentieren. Ich gebe zu, vielleicht ist es in meinem Fall nicht so klug, keine Gardinen zu haben, aber ehrlicherweise kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand es spannend findet, mir dabei zuzusehen, wie ich am Computer sitze oder ein Buch lese. Ich ignoriere dieses Klopfen also.

Da klopft es wieder. Ich spähe ins Dunkel, und - der geneigte Leser wird es längst erraten haben - vor meinem Fenster steht der berlinernde Gast. Er sagt irgendwas. Ich öffne das Fenster:

"Das ist jetzt wahrscheinlich ziemlich komisch, aber ich hab Dich gesehen und find Dich unglaublich. Ich hatte gehofft, Dich nochmal wiederzusehen, und dann kamst Du aus dem Laden, und dann ging hier das Licht an... Ich würde Dich wahnsinnig gerne kennenlernen."

"Das finde ich sehr schmeichelhaft, aber ich bin leider schon vergeben."

"Das hatte ich mir fast gedacht ... aber ich wollte es wenigstens versuchen!"

Wir sagten freundlich Gute Nacht, und ich habe ihn nie wiedergesehen. Aber ich frage mich - was wäre gewesen, wenn mein Verfolger kein freundlicher Berliner gewesen wäre? Sondern einer von den vielen Freaks, denen man beim Kellnern so begegnet? Gruselig.

Diesen Herbst kauf ich mir Gardinen.

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